Zu Beginn des Jahres stellt sich mir die Frage, welche Herangehensweise an den Vertrieb von Cloud- oder Sec-aaS-Angeboten 2023 erfolgreich sein wird. Aufbauend auf dem makroökonomischen Klima ist es meiner Meinung nach entscheidend für den Vertriebserfolg, ein Umdenken in Richtung Einkaufsprozess einzuleiten. Denn der klassische Sales-Prozess stellt die Anforderungen des verkaufenden Unternehmens nach wie vor zu stark in den Mittelpunkt. Dabei ist es doch viel wichtiger, sich in die Lage des Einkäufers zu versetzen.
Wer sich den Einkaufsprozess der Kunden vor Augen führt, der kann dort die nötige Unterstützung anbieten, wo der Deal abgesegnet wird. Das Business Value Assessment eines Lösungsansatzes wird im Jahr 2023 in der Unterstützung des einkaufenden Teams eine viel größere Rolle spielen. Deshalb mein Appell: Wir alle müssen besser verstehen lernen, wie der Wertschöpfungsbeitrag eines Lösungsansatzes transparent gemacht werden kann. Die folgenden Faktoren spielen dabei eine Rolle.
Technische Funktionalität und Psychologie
Zu Beginn startet das IT-Team mit der technischen Validierung einer Lösung. Dabei hat das Unternehmen in aller Regel seine eigenen Use Cases vor Augen, anhand derer die technische Funktionalität eines neu anzuschaffenden Produkts oder Services auf Herz und Nieren geprüft wird. Bei der Transformation von auf Hardware basierenden Lösungen hin zu Cloud-Services ist hier der größte Schritt zu vollbringen. Denn es gilt zu verstehen, welcher Pain beim Prospect durch die Verwaltung und das Troubleshooting vorhandener Technologien entsteht und dementsprechend die Vorteile eines Cloud-Ansatzes zu positionieren. Die Use Cases zeigen in aller Regel den Weg zu einer Neustrukturierung von Applikationen, Netzwerk und Sicherheit auf.
Wenn für die Use Cases die Ablösung von Hardware durch ein Service-Modell erforderlich ist, können allerdings noch weitere Faktoren die Entscheidung beeinflussen. Denn dann entstehen unter den IT-Mitarbeitenden Ängste und Sorgen, die separat von der eigentlichen Funktionalität eines Lösungsansatzes behandelt werden sollten. Beispielsweise ist es nicht selten gerade das IT-Team, das befürchtet, den eigenen Ast abzusägen, wenn ein Servicemodell die Verwaltungsaufgaben von Hardware obsolet werden lässt. Nehmen diese Ängste überhand, besteht die Gefahr, dass die Vorteile der überragenden Funktionalität ins Hintertreffen geraten.
Neben allen Vorteilen der eigentlichen Funktionalität sollte also gleichzeitig eine ganzheitliche Transformationsarbeit auch auf psychologischer Ebene geleistet werden, um die Entscheidungsträger von dem Veränderungsschritt zu überzeugen. Denn oftmals können durch eine Entlastung von administrativen Aufgaben in der Hardware-Verwaltung die anstehenden Projekte der IT-Abteilung neu priorisiert werden. Es geht also nicht um eine Reduktion von Manpower, sondern um eine Umverteilung von Ressourcen auf höhergradige Aufgabengebiete in ohnehin überlasteten IT-Teams. Da aufgrund des IT-Fachkräftemangels Projekte nicht selten geschoben werden müssen, kann ein Offenlegen der Opportunitätskosten zur Entscheidungsfindung beitragen.
Technik und Wirtschaftlichkeit im Einklang
Im Entscheidungsprozess wird in dem aktuellen wirtschaftlichen Klima allerdings der Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Lösungsansatzes eine höhere Bedeutung zukommen. Auch wenn die evaluierte Lösung technisch überzeugt, sind weitere Faktoren wesentlich, um den Einkaufsprozess tatsächlich abzuschließen. Die hohe Priorisierung einer Transformation spielt dabei ebenso eine Rolle wie der Business Case. Denn wenn etwas technisch den Anforderungen entspricht, aber die Wirtschaftlichkeit nicht überzeugt, kann eine Implementierung nach wie vor scheitern. Deswegen wollen viele potenzielle Entscheidungsträger verstehen, ob es auch wirtschaftlich Sinn ergibt, eine Lösung einzusetzen.
Hier hilft eine Business Value Analyse. Dafür werden verschiedene Entscheidungskriterien herangezogen, die verdeutlichen, dass auch nicht technische Benefits eine große Rolle spielen. So können sich beispielsweise Produktivitätsvorteile positiv auswirken und mit Hilfe eines neuen Lösungsansatzes auch die User Experience verbessern. Mitarbeitende, die mit der technischen Ausstattung ihres Arbeitsplatzes zufrieden sind, werden ihrem Unternehmen weniger schnell den Rücken kehren. Ein weiteres Szenario ist das Verschmelzen der IT-Landschaften im Prozess eines Mergers oder von Akquisitionen. Hier sorgt ein Geschwindigkeitsvorteil beim Zugriff auf benötigte Daten für die verkürzte Time-to-Value.
Im Zuge der Entscheidungsfindung haben die meisten CIOs allerdings vorrangig Einsparungen im Bereich der Anschaffungs- und Vorhaltungskosten im Sinn, so dass es durchaus von Vorteil sein kann, ihnen auch die weniger offensichtlichen Opportunitätskosten aufzuzeigen. Kosten einsparen heißt für den IT-Chef zuallererst die Ablösung bestehender Technologien durch modernere, kostengünstiger zu betreibende Ansätze. Für den CIO werden Kosteneinsparungen durch eine Vereinfachung der Architektur und einem geringeren Verwaltungsaufwand ausgedrückt. Also beispielsweise durch die Konsolidierung von Legacy-Systemen durch einen Plattformansatz, der vielfältige Aufgabenbereiche hochintegriert übernimmt. Ebenso lässt sich Verwaltungszeit beispielsweise durch Standardisierung reduzieren, wenn Ransomware-Erkennung, Data Loss Prevention, Package Filterung durch eine einzige Plattform anstelle von multiplen Produkten abgedeckt wird, die zudem den Remote Access einer zunehmend mobileren Belegschaft sicherstellt und auch noch beim Troubleshooting von Performance-Problemen hilft – aufbauend auf einmal definierten Policies.
Die Notwendigkeit höherer Sicherheitseffizienz
Investitionen in die Cybersicherheit waren noch nie so hoch wie heute, was angesichts der Negativschlagzeilen von kompromittierten Unternehmen nicht weiter verwundert. Auch das Thema Sicherheit tangiert den Finanzentscheider, denn im Falle eines erfolgreichen Angriffs kommen gegebenenfalls hohe Kosten zur Wiederherstellung von IT-Systemen oder gar Lösegeldforderungen auf ein Unternehmen zu. Es sollte demnach im Sinne der Finanzentscheider sein, sich durch Kennzahlen zu vorbeugender Sicherheit versus reaktiver Sicherheit überzeugen zu lassen. Allerdings bedeutet steigender Sicherheitsdruck nicht automatisch, dass Organisationen bereit sind, ihre Security-Ansätze ohne gründliche Evaluierung zu modernisieren.
Doch gilt es gerade, die technischen Aspekte auch in die Sprache der Finanzvorstände und der Unternehmensleitung zu übersetzen. Diese Ebene trifft ihr Votum eher vor dem Hintergrund einer ganzheitlichen IT-Transformation in Richtung Digitalisierung von Geschäftsmodellen. Deshalb muss dort Überzeugungsarbeit geleistet werden, wie Anwendungen und Services in der Cloud mit einer Netzwerk- und Sicherheitstransformation Hand in Hand gehen. Es gilt zu vermitteln, wie Ransomware, Angriffe auf die Lieferketten und andere raffinierte Bedrohungen in IT-Landschaften für Sicherheitsverstöße sorgen. Unternehmen müssen ihre neuen Angriffsflächen vor Augen geführt bekommen, die durch hybride Arbeitsplatzmodelle ebenso entstehen können wie durch Workloads in der Cloud, wenn dort Schwachstellen und Sicherheitslücken in der Implementierungsphase nicht erkannt werden. Denn alle Infrastrukturen, die im Internet auffindbar sind, sind ein potenzielles Sicherheitsrisiko. Aufgrund dieser Gefahrenlage hat sich Zero Trust als neuer Sicherheitsansatz Gehör verschafft, der bei der Reduktion der Angriffsfläche hilft und darüber hinaus auch bei der Transformation der Infrastrukturen und Arbeitswelten unterstützt.
Transformation beginnt damit, Vorteile transparent zu machen
Eine solche Umgestaltung der IT-Infrastruktur und Unternehmensstruktur muss ihre Vorteile auf allen Ebenen des Einkaufsprozesses transparent machen. Gelingt es, die Anschaffung mit existierenden Cloud-Transformationsprojekten zu verknüpfen, kann die Wertschöpfung auch dem finanziellen Entscheidungsträger vermittelt werden. Denn oftmals sind die Weichen für die Transformation in die Cloud bereits gestellt, ohne dass der reibungslose und sichere Weg dorthin bereits geebnet ist.
Größere Agilität, eine Vereinfachung der Infrastruktur mit reduzierten Vorhaltungskosten und Geschäftswachstum sind neben den reinen Technologiekosten ein überzeugendes Argument, zukunftsträchtige Lösungen auch finanziert zu bekommen. Auf all diese Faktoren sollte sich der Einkaufsprozess ausrichten, denn erst dadurch entsteht die fundierte Grundlage, auf deren Basis Unternehmen heute ihre Entscheidung treffen.